NEU


Die Stunden waren durchwoben von Tagträumen an dich. Die monotone Erschütterung des Zuges ließ mich dahindämmern in einem Strudel von Zärtlichkeiten, deren Vorstellung mich seelisch erröten ließ.

Wie sehr warst du doch auf einmal in meine Gedanken getreten. Jede sinnliche Wahrnehmung trug nun deinen Namen, obwohl ich deinem Namen wie etwas Unantastbares nicht auszusprechen wagte. Zu gewaltig warst du in mein Leben getreten, hattest sanft meine mühsam gegen den Mann errichteten Mauern eingerissen.

Deine fordernden Worte, deine beharrlichen Sanftheiten erreichten meine Ohren und gaben sie ungefiltert an meinen Kopf weiter. Die Gefühlsseite lieferte sich ein tägliches Duell mit meinem Verstand. Zu gut verstand ich deine Sprache, auch das Unausgesprochene, was zwischen den wohl dosierten Sätzen lauerte. Immer wieder konfrontiertest du mich mit intimer Nähe, die dann von mir unbeantwortet im Raume hing.

Da ich keine Schublade hatte und du auch jede Form gesprengt hättest, sammelte ich die Situationen mit dir, verschönerte meine Wände, tapezierte mein verwüstetes Inneres und begann, mich in meiner Haut wieder wohl zu fühlen. Spürte wieder diese bebende Lust erwachen, die so stark pulsierend in mir ihr Recht einklagte, mit allen Sinnen die Welt wahrzunehmen, wieder alle Farben zu sehen, alle Nuancen, auch die Töne drunter und drüber.


Die Nase fühlte sich nicht mehr beleidigt, sondern genoß den Geruch des Meeres. Die Zunge glitt sensibel über Exotisches. Ich fühlte mich wie die Woge, die mich ans Ufer treibt wie eine nimmer endende Brandung.

Und ich begann noch außer mir stehend, zuzuschauen, wie du anfingst, in mich hineinzustehen. Ich spürte dieses Geflecht aus Verstehen und Sehnsucht.

Und ich skizzierte im Rhythmus der Woge eine neue Melodie in den Sand - dich.


Copyright © 1999 by Irmingard A. Kotelev. All rights reserved

 

 

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